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Karriere ist nichts für Mütter. Tipps vom Experten.

Die 7 größten Irrtümer im Lebenslauf DO's and DONT'S

 

DON’T No. 1:

Körperliche Gebrechen im Lebenslauf verschweigen, um eine Chance auf den Job zu haben. 

 Dieser Mythos hält sich wacker: Wenn Menschen in ihren Bewerbungsunterlagen ihre kleinen und großen Wehwehchen angeben, haben sie zuweilen schlechtere Jobchancen als ihre kerngesunden Konkurrenten.

 

Rein rechtlich ist die Situation aber klar: Menschen mit Heuschnupfen oder Mega-Herpes müssen ihr regelmäßiges und oft tagelanges Leiden im Lebenslauf nicht angeben.  Jobsuchende sind im Vorstellungsgespräch zwar auch ungefragt nicht verpflichtet, sich dazu zu äußern. Dennoch raten Karriere-Experten ehrlich zu antworten, wenn man nach körperlichen Einschränkungen wie Migräneattacken oder das Hodenkrebsrisiko in der Familie gefragt wird. Wenn Sie dann im Gespräch glaubhaft vermitteln können, dass Ihre Medikamentenversorgung bestens geregelt ist und Sie versprechen, dass Sie alles einschmeißen was die Drogenberatung freigibt oder was sich im Darknet Medikamentenhandel auftreiben lässt, dann sind Krankheiten im Rahmen des Bewerbungsverfahrens nicht zwingend nachteilig.

 

 Unser Pro-Tipp: Geben Sie in Ihrem Lebenslauf ihre Krankheiten einfach an. Und wo Sie schon dabei sind doch auch gleich ob sie homo- oder heterosexuell sind, Moslem, Gastarbeitersohn, magersüchtig oder ein linksgrünversiffter Gutmensch oder FDP-Wähler. Überlegen Sie doch selbst: Wenn Ihr potenzieller Arbeitgeber schon beim Lebenslauf ein Problem mit ihren privaten Lebensentscheidungen und Werten hat  – möchten Sie dann dort überhaupt arbeiten? Suchen Sie sich lieber einen Job, der zu Ihnen und Ihren Lebensumständen passt.

 

 Viel Erfolg!

 ENDE der TIPPS.

Gern geschehen!

 

 

Es ist doch wahr, oder nicht? Das Leben ist eben doch ein Wunschkonzert. Man muss eben nur da hingehen, wo man willkommen ist und wo die eigene Musik spielt. Nichts leichter als das!

 

Zudem ist das Glück mit den Tüchtigen. das weiß jeder. Wobei als tüchtig derjenige gilt, dessen Privatleben zu den Vorstellungen der Anderen passt und der auf der glitzerfarbenen Einhornseite des Lebens geboren wurde.

 

 

 

  Nein, ich habe keine Drogen aus dem Darknet genommen. Ich habe Facebook. 

 

Das reicht manchmal aus. In meine Filterblase wurde heute genau dieser Text gepustet und seitdem puste ich in eine Tüte. Dieser Text ist auf der Karriereplattform XING erschienen. Mit einem klitzekleinen Unterschied. Man muss nur Heuschnupfen, Migräne oder Atompilzherpes durch "eigene Kinder" ersetzen, dann habt ihr den wortgleichen Artikel "Die 7 größten Irrtümer: Do's und Don‘ts beim Lebenslauf" und dort den "Mythos" unter Punkt 7: "Kinder im Lebenslauf verschweigen, um eine Chance auf den Job zu haben.“

 

 

Bei dieser unheilsschwangeren Headline grub sich meine Botox-resistente Stirnfurche zwischen den Augen gleich ein paar Millimeter tiefer.  Nachdem ich die Begründung zu Ende gelesen hatte, war ich dann so erschüttert und ganzkörperzerfurcht, dass ich Wolfgang Joop nach seinem Schönheitschirurgen fragen muss, damit man mir mein Alter nicht ansieht. Man weiß ja nie, ob einem das nicht vielleicht einen Job kosten kann. Wenn man XING -der Karriereplattform - glaubt. Karriere is' halt nicht für jeden was, nicht wahr?

 

 Vielleicht bekommen wir ja gemeinsam Mengenrabatt beim Faltenradierer, denn ihr könnt den mit Abstand elegantesten Aufruf zu "Scheiss auf AGG und Schutzrechte", der mir seit langem in unterkam, selbst nachlesen. (Link unten)

 

 Ein Mythos ist das also mit den Kindern. Soso. Kurioserweise liefert der Tipp selbst die exakte Begründung dafür, warum es eben gerade kein "Mythos" ist. Das nenne ich ein argumentatives Eigentor. Nur leider doch zum Nachteil von Anderen. Der Verfasser/in, der namentlich nicht mal angegeben ist, möchte unter dem Deckmantel von "guten Tipps" verkaufen, dass es doch halb so wild ist, wenn man im Bewerbungsgespräch nach Kriterien beurteilt werden soll, die mit der Qualifikation für einen Job null-Komma-null zu tun haben.

 

 Jeder der nicht eingestellt wird, weil er KEINE eigenen Kinder hat, würde auf die Barrikaden gehen. Natürlich zu Recht! Es ist nämlich eine private Lebensentscheidung, die ausnahmslos und immer diskriminierend wirkt, wenn sie im Kontext einer Stellenbesetzung eine Rolle spielen soll. Sonst könnte man die Frage ja weglassen. Nach der Farbe des Autos oder Omas Lieblingsschallplatte fragt ja auch keiner. Eine Frage nach Kindern im Haushalt oder Kinderwunsch danach also zeigt genau das: Es spielt eine Rolle.

 

 Ich weiß nicht, wieviele Juristen da noch gegenanschreiben sollen, aber ich sage es jetzt nochmal laut und verständlich, auch für die letzte Autoren-Blimse:

 

 DIE FRAGE NACH KINDERN IST IM BEWERBUNGSGESPRÄCH NICHT ERLAUBT. 

 

 Setzt sich ein Arbeitgeber darüber hinweg, dann handelt er rechtswidrig und das ist weder "zu verkraften", noch "legitim" noch "halb so wild" oder "irgendwie verständlich". Das ist zwar vieles im Leben, aber deswegen ist es noch lange nicht erlaubt, legal, straflos, richtig oder gerecht. Ich möchte das nicht mehr lesen in "Bewerbungstipps“.

 

 Es ist generell nachvollziehbar, dass ein Arbeitgeber wenig Ausfälle haben will? Ja. Absolut. 

 

Kenne ich. Logischerweise möchte ich also auch am liebsten ausschließlich kerngesunde Menschen einstellen, um mögliche Ausfallzeiten zu minimieren. Also sortieren wir Krankheiten doch auch gleich mit aus. Sollen die Kopfschmerzpatienten halt von Sozialhilfe leben, oder nicht? Warum also keinen Allergietest im zum Lebenslauf einfordern oder im Bewerbungsgespräch mal eben nach Schuppenflechten fragen? jemand der humpelt braucht länger auf dem Weg von der Toilette an den Arbeitsplatz und Zeit ist Geld. SO ticken wir aber im Arbeitsrecht nicht und das ist gut so.

 

An meinem obigen Beispiel dürfte klar werden, warum es für ein Arbeitsverhältnis bestimmte Regeln gibt. Und die gibt es auch für die Bewerberauswahl. Ein Arbeitgeber hat sich an Recht und Gesetz zu halten und es hat gute Gründe hat, warum manche Fragen generell nicht gestellt werden dürfen.

 

Fragen Personaler nach Kindern, so wie es der Text so freimütig formuliert, dann löst das erstmal ein Bußgeld nach dem AGG aus und nicht etwa einen "Moment der Wahrheit" wie es die Autoren gerne hätten. So ist die Rechtslage. Wie der Bewerber in diesen Momenten reagieren kann, steht auf einem anderen Blatt.

 

Wer von den Kindern erzählen möchte, weil es ihm wichtig erscheint, tut es. Wer das für Privatsache hält, der ist rechtlich auf der sicheren Seite. Wie bei eigener sexueller Orientierung, Religion, politischer Gesinnung oder Krankheiten auch.

 

 Den Ball mit dieser kruden Argumentation an das "Opfer" eines Rechtsbruches zurückzuspielen -"da wollen Sie doch gar nicht arbeiten" ist genau das, was Diskriminierungen jeglicher Couleur verfestigt, sie verharmlost, sie rechtfertigt und sie weiter und weiter gesellschaftsfähig bleiben lässt.

 

Ich mach jetzt 'ne Gurkenmaske. 

Und male ein Mandala aus. 

Und suche eine Klangschale.

Für mein Chi.

 

Hier der Link zu den "Tipps" von XING

 

Hier der Link zu meinem Interview mit der Süddeutschen Zeitung zu diesem Thema

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Kommentare: 2
  • #1

    Gustav Sucher (Montag, 03 September 2018 15:46)

    Mein Onkel ist auf der Suche nach neuer Arbeit. Er hat Maurer gelernt und hat Heuschnupfen. Es ist gut zu wissen, dass er keinen Allergietest im Lebenslauf auflisten muss. Sehr interessanter Blogartikel. Hilft uns auf jeden Fall etwas weiter. Meine Frau macht jetzt auch eine Gurkenmaske :-)

  • #2

    Gerda glasklar (Donnerstag, 04 Juli 2019 06:19)

    Mach der Lektüre des oben erwähnten Artikels hatte ich erst mal ledig sterilisiert in meine Lebenslauf eingefügt. Dummerweise muss ich ja jetzt die Depression wegen meiner Sterilisation auch angeben. Egal wie ich an meiner privaten Situation arbeite, ich kaum auch nicht weiter beruflich !